Hilft Sigmund Freud dabei die Toilettenpapierkrise zu verstehen?

Die Hamsterkäufe zeigen eine erstaunliche Präferenz für Toilettenpapier, obschon das Virus Atemwegserbeschwerden und keine Verdauungsprobleme auslöst. Macht sich die «Bitch-Mentalität» oder der «anale Massencharakter» der Gesellschaft nun beim Hygieneartikel bemerkbar?

Zumindest weist die psychoanalytische Literatur auf die anale Fixierung einer ganzen Neid- und Geizkultur hin, die gekennzeichnet vom Sammeltrieb über «dirty money» Geschwafel und neuerdings durch Toilettenpapierakquisition et cetera, tief in ihre Seele blicken lässt.

Enthaltsamkeit, Ordentlichkeit, Pünktlichkeit, Sparsamkeit, zählt die Fachliteratur freilich dazu. Doch wie erklärt sich bei so viel Zurückhaltung der Schwenk zum ausufernden Griff nach Vorräten vom magischen Papier?

Keine Sorge um Zukunft der Branche

Haben Psychologen und Soziologen über nahezu hundert Jahre die Folgen der frühkindlichen strengen Konditionierung oder Vernachlässigung analysiert, damit wir im Falle einer Lungenkrankheit das Zwangsverhalten beim Horten von weichen Papierrollen besser verstehen?

Siegmund Freud, Isidor Sadger oder Erich Fromm würden sich köstlich amüsieren und sich um die Zukunft ihrer Branche keine Sorgen machen. Die Verkaufszahlen im Einzelhandel liefern den Beleg dafür, wie der anale Massencharakter in der Gesellschaft ausgelebt wird. Die Priorisierung eines Hygieneartikels zeigt auch, auf welcher Körperstelle wohl zuerst der Blick fällt.

Daher nehme ich in Anlehnung an den deutschen Psychoanalytiker Karl Abraham an, dass zur Kundschaft der erlesenen Ware auch jene mit Sicherheit gehören, die besonders auf gerechtem gesellschaftlichen Ausgleich und Symmetrie Wert legen, die uns bisher mit verkappten Moralansätzen von ihrer eigenen Leidensgeschichte ablenken wollten.

Wie ungerecht doch diese Welt ist! Erst bietet sie manchen Menschen eine Plattform an, ihr Zwangsverhalten auszuleben, sich auf gesellschaftliche Scheindebatten einzulassen oder ihre Einzigartigkeit täglich zu erfinden, um sie alsdann zu schäbigen Klopapiersammler degradieren zu lassen.

Mässige Papiervorräte dürften ausreichen

Auch führt vermutlich eine gewisse Schockstarre bei Menschen angesichts der rapiden Ausbreitung der Krankheit, eher zu Verstopfung, weshalb mässige Papiervorräte ausreichen dürften. Weil die Angstneurosen und Zwänge unterschiedlich stark ausfallen, sollte insbesondere diese Risikogruppe auch die Vorräte an Windeln gründlich überprüfen, um bei einer spontanen Blasenentleerung bestens gerüstet zu sein. Reis wäre ebenso eine Alternative, da es weniger voluminös als Toilettenpapier ist und einfach gekocht den Bedarf am besagten Hygieneprodukt drosselt.

Es ist anzunehmen, dass sich die «Bitch-Mentalität», als Ausdruck einer «Es-steht-mir-zu-Einstellung», gepaart mit einer dem Geiz entsprungenen Verabscheuung von Zeit- und Kraftverschwendung manch moderner Menschen, zusammen mit dem Corona Virus ausbreiten wird, und demnächst es zum Referendum für eine staatlichen Toilettenpapiervergabe kommt.

Als Ausblick für die Zeit in Quarantäne gehe ich davon aus, dass die Strassenkonzerte wie in Italien ausbleiben werden, zumal ein gleichzeitiger Einsatz des Mundes zum Singen und die Reinigung des Ausscheidungsorgans bei diesen Unmengen an Tissue-Papiervorräten, zumindest vom Balkon unwahrscheinlich erscheint.

https://www.nau.ch/news/schweiz/hilft-sigmund-freud-dabei-toilettenpapierkrise-zu-verstehen-65680704

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